Der Fachbereich Ethik

Der Ethik-Unter­richt stellt für Lehrer und Schüler die Chance dar, wichtige schulische und außer­schu­lische Fragen unter ethischer Perspektive mit Zeit und Intensität zu klären und zu diskutieren und bildet insofern einen Denkraum.

Der Unter­richt ist im Sinne des im Internet ver­öffent­lichten Lehrplans eine Werteerziehung, die sich an den Menschen­rechten und am Grundgesetz orientiert.

Anhand ethisch bedeutsamer The­men wie Glück, Freiheit, Solidarität oder Verantwortung haben Schüler die Gelegenheit, über ihr vergangenes, gegenwärtiges und zukünftiges Leben nachzudenken. Dabei sollen sowohl individuelle als auch soziale Kompetenzen gestärkt werden, insbesondere die Fähigkeit, das eigene Leben sowie das ge­sell­schaft­liche Miteinander befriedigend und ver­ant­wortungs­bewusst zu gestalten. Ferner werden die Schüler dazu angeregt und befähigt, sich mit den Konventionen und scheinbaren Selbst­ver­ständ­lichkeiten ihres Alltags auseinander zu setzen.

Dass Ethik eine philosophische Disziplin ist, zeigt sich vor allem im Rückgriff auf die in­tellek­tuellen Mittel wie gedankliche Analyse, Reflexion und Begründung – und auch in den entsprechenden Haltungen und Einstellungen wie geistige Offenheit und Kritik.

Philo­sophie wird daher mehr als eine Praxis des dialogischen Philo­sophierens und weniger als Ansammlung von Wissen verstanden. Wenn im Unter­richt The­men wie “Freund­schaft”, “Familie” oder “Verantwortung” bearbeitet werden, dann geht es nicht allein um einen Meinungs­aus­tausch oder gar das Erlernen “richtiger Überzeugungen”. Vielmehr beginnt die eigentliche philosophische Arbeit mit einem weitergehenden Verstehen, Befragen und Begründen all jener beim Meinungs­aus­tausch aufeinander treffenden Urteile und Überzeugungen.

Neben dem rationalen Nachdenken ist hier die Fähigkeit, sich in den Anderen hinein­zu­ver­setzen, besonders wichtig. Die Vernunft hat in diesem Zusammenhang die Rolle einer Art Richterin, einer rational fragenden, kritischen und erläuternden Instanz. Selbst bei gelungenem wechsel­seitigem Verstehen stellt sie nämlich immer noch wichtige Fragen: Welche Berechtigung hat denn diese oder jene Überzeugung und welche Beurteilung verdient sie? Wie ist die Ver­schie­den­heit der einzelnen Überzeugungen oder der Lebensformen aufzufassen? Gibt es hier ein Besser oder Schlechter?

Die ethische Reflexion

ist gewissermaßen das Herz des Unter­richts und des ethischen Denkens überhaupt. Durch diese Praxis des Philo­sophierens wird die moralische All­tags­erfahrung (“Du sollst nicht lügen! – Warum lügst du?”) zum Gegenstand des Nachdenkens gemacht. Was bedeutet dies konkret? Bei der Bearbeitung des Themas “Glück” tragen die Schüler ihre Vorstellungen darüber zusammen. Dabei wird vielleicht geäußert, dass Glück für sie bedeutet, “etwas Schönes zu erleben”, “aus Gefahren gerettet zu werden” und “einen Sechser im Lotto zu haben”. In einem ersten Schritt stellen Schüler fest, dass sie von sehr ver­schie­denen Dingen sprechen und das Wort Glück unter­schied­lich verwenden: zunächst als Begriff für den psycho­logischen Zustand des “Glücklich-Seins” (Schönes erleben), dann im Sinne von “Glück haben” (gerettet werden) und zuletzt als Name für einen Glücks-Gegenstand bzw. für eine Bedingung des Glücks (z.B. Geld).

Ist dies erklärt, kann weiter gefragt werden: Erleben alle Schüler Glück gleichermaßen? Bei der Beantwortung stellt sich vielleicht heraus, dass dies nicht der Fall ist; und so ergeben sich erste Relati­vierungen. Durch diesen Refle­xions­prozess erkennen die Schüler, wie subjektiv, situativ und zeitabhängig die Überzeugungen sind, die sie zunächst für unmittelbar einleuchtend bzw. selbst­ver­ständ­lich hielten. Darüber hinaus stellen sie fest, dass es einen näher zu betrachtenden Zusammenhang zwischen Glücks-Gütern und Glücks-Zuständen gibt.

All diese Feststellungen erfordern einen allgemeineren Begriff, damit möglichst alle Erfahrungen erfasst werden. So wären erste Schritte auf dem Weg zu einem reflektierten Begriff getan, und weitere können sich daran anschließen: in Form von Ge­danken­experi­menten (Was wäre, wenn), Kultur­vergleichen und Ähnlichem.

Die ethische Reflexion führt also zu einer Arbeit am Begriff, die unser Bewusstsein von unmittelbaren Erfahrungen zur an­spruchs­volleren Begrifflich­keit führt und damit der Einsicht in die Sache ein Stück näher kommt. Ein reflektiertes Leben ist ein wirklich eigenes.

Vorgaben

Für alle Schulfächer wird in den Lehrplänen ein Bezug zur Lebens- und Erfahrungswelt gefordert. Diese sind im Ethik­unter­richt Gegenstand des Unter­richts. Was ihn aber erst zum Ethik­unter­richt macht, sind die Perspektiven, unter denen diese The­men erarbeitet werden. Ziel ist die Reflexion, d.h. das Nachdenken über Bedeutungen und Zusammen­hänge. Um die Reflexion zu fördern, gibt der Lehrplan durch die The­menfelder Oberbegriffe vor, unter denen die einzelnen The­men bearbeitet werden sollen.

Die Breite der The­men des Ethik­unter­richts ist gewährleistet, indem in jedem Schuljahr etwa zwei The­menfelder angesprochen werden.

Damit die ver­schie­denen Betrach­tungs­mög­lich­keiten eines Themas beachtet werden, gibt der Lehrplan drei Perspektiven vor:

  • die individuelle (Was bedeutet das für mich und mein Leben?),
  • die ge­sell­schaft­liche (Was bedeutet das für das ge­sell­schaft­liche Zusammenleben?),
  • die ideen­geschicht­liche (In welchem kulturellen, geistes­geschicht­lichen, religiösen Zusammenhang steht das?).

So wird das Besondere des Ethik­unter­richts im Verhältnis zu Fächern wie Geschichte und Politische Weltkunde deutlich. Die Ausrichtung auf methodische Kompetenz und der Erwerb von Hinter­grund­wissen verbinden Ethik mit allen Schulfächern.

Was wird im Fach Ethik beurteilt?

Ethik ist ein ordentliches Schulfach der Berliner Schule, das von der 7. bis zur 10. Jahr­gangsstufe zweistündig in der Woche unter­rich­tet wird. Es wird daher benotet und die Noten sind für die Versetzung relevant. Selbst­ver­ständ­lich sind nicht die Gesinnung und Einstellung Gegenstand der Notengebung, sondern die Fähigkeiten, unter ethischen Aspekten über Phänomene und Probleme nachzudenken.